Samstag, Dezember 06, 2008

Wille

Du bist überall, in meinem Kopf, meinen Gedanken, meinem Herzen. Ich kann Dich fühlen, spüre Deine Hände auf meiner Haut, Deine Lippen auf meinen und rieche Dich. Du umgibst mich, füllst mich aus und bist mein Lebenselixier. Was machst Du nur mit mir?

Deine Nähe stärkt mich, macht mich frei, lässt mich aufatmen. Du machst mich frei, berauschst mich mit Höhenflügen. Federleicht, weit über dem Boden, im freien Fall und doch unglaublich sicher. Nichts erscheint mir mehr wirklicher.

Du bist da und verscheuchst die Schatten, zeigst mir den Weg, lässt mich nicht allein. Du bist bei mir, hältst mich, stützt mich, bist an meiner Seite und gehst nicht, egal wie ich um mich schlage. Egal wie viel Angst ich habe zu erwachen und allein zu sein.

Du hast Vertrauen in mich, glaubst an mich und munterst mich auf. Du bringst mich zum Lachen, lässt mich Ruhe finden in dem Sturm der sich mein Leben nennt. Danke ist nicht ausreichend. Ich will bei Dir sein und doch geht es nicht.

Getrennte Wege, die sich immer wieder kreuzen, scheinen mein Schicksal. Ich will aber nicht, dass sich unsere Wege wieder trennen, nur um sich gelegentlich wieder zu kreuzen. Doch weiß ich auch, dass Du noch einen Weg vor Dir hast, bei dem ich Dir vielleicht sogar im Weg bin.

Aber daran will ich jetzt nicht denken, ich trage Dich im Herzen. Du bist mein, ich bin Dein. Gefragt wurden wir nicht, doch ich wollte es so. Geduld zahlt sich aus und für Dich will ich sie haben, will ich stark sein und auch Dir geben, was Du mir gibst.

06.12.2008
© Sean Dimitjana Barleben

Montag, Oktober 20, 2008

Abschiedserinnerung

"Erinnerst Du Dich noch an die Kindertage, als Du klein warst und ich Dein großer Held, zu dem Du aufgesehen hast? Dein Vater auf den Du stolzer nicht sein konntest, weil es keinen besseren Papa auf der Welt gibt?

Ich kann Sie noch vor mir sehen, die weiten Hügel über die wir rannten und Deine Drachen steigen ließen, die Du mit wenig Hilfe von mir und umso mehr eigener Phantasie gebaut hast. Die Stunden die Du an der Modellbahn gesessen und mich beobachtest hast wie ich an den neuen Gleisführungen arbeitete. Nur um dann Stück für Stück die Landschaft darum aufzubauen.
Es sind Jahre vergangen seit dem. Du bist selbst erwachsen, hast eigene Kinder. Söhne, die voller unbändigem Stolz zu Dir aufsehen. Meine Enkel, die mich oft zum Lachen und auch bisweilen zur Verzweiflung brachten. Sie sind so jung.

Aber ich bin nicht mehr Teil dessen, mein Sohn. Ich bin auf dem Weg in etwas Neues. Und ich bin froh darum. Ich möchte nicht, dass Du Dich an mich erinnerst, wie ich zuletzt war. Ein leblose Hülle kaum noch einer Regung fähig, vielleicht ein Lachen oder ein Aufflackern von Furcht.
Erinnere Dich an diese schönen Tage Deiner Kindheit. An das Lachen und die Freude, die wir teilten.

Ich hab Dich lieb."

20.10.2008
© Sean Dimitjana Barleben

Sonntag, Juli 06, 2008

Abschied

Mein Herz bleibt stumm
und fragt nicht nach dem warum.
Es hat mir lange zugesehn
und Zeit gebraucht um zu verstehn.
Mein Verstand schreit
ich bin noch nicht soweit.

Worte, nichts als Worte
und doch trennen sie uns nun.
Es ist nicht mehr ungeschehn zu machen.
Selbst wenn du mir noch vertraust
sitzt der Schmerz zu tief
als das du mir noch glauben wirst.

Kein Zeitpunkt erschien passend,
ich wusste es würde weh tun,
ich ahnte wie sehr es schmerzt,
aber ich kann es nicht mehr,
ich will nicht weiter auf diesem Weg,
wenn ich dich verliere, dann nicht so.

Während du weinst,
bleibt mein Herz ruhig,
es hat sich verschlossen,
will Dir nicht zeigen,
wie sehr auch ich es anders wünsche,
wie sehr ich mich nach etwas anderem sehne.

Wenn ich mich im Geist an Dich lehne,
und Dich in den Arm nehme,
dann fühl ich Deinen Schmerz,
und weiß es erscheint wie ein schlechter Scherz,
aber es geht nicht weiter, es tut nur weh,
so lange ich mir derart im Weg steh.

Du bist zu wertvoll, zu kostbar,
hast mehr verdient als das hier,
Und auch wenn Du sicher Recht hast
dass es auch Deine Entscheidung ist,
so ist meine Frist doch verstrichen
und ich habe nichts mehr zu verlieren.

Ich brauche Dich
und doch habe ich kein Anrecht auf Dich,
Du brauchst mich nicht,
Du solltest es nicht,
den Dein Weg ist ein anderer
ebenso wird der meine ein anderer.

06.07.2008
© Sean Dimitjana Barleben

Samstag, Juni 21, 2008

allein

ich schliesse meine augen und ohren
doch ich kann es noch sehen
ich kann es immer noch hören

das flehen, die schreie,
wie stücke eines zerbrochenen spiegels
haben sie sich überall in mir fest gesetzt

und doch so sehr es mich quält
und ich weiß ich hätte mehr tun müssen
begreife ich auch, dass ich allein bin

allein kann ich sie nicht alle retten
allein bin ich es, die gerettet werden will
nur gemeinsam können wir alles schaffen

21.06.2008
© Sean Dimitjana Barleben

Samstag, April 26, 2008

Ende

Du zerstörst
die letzten Reste
von Vertrauen,
die ich je in Dich hatte.

Es scheint,
dass Du
jegliches Band
zwischen uns
zerschneiden,
zerstören willst.

Ich begreife Dich
schon lange nicht mehr,
aber ich
kann nicht glauben,
wie sehr
es schmerzt,
was Du tust.

Ich wünsche mir
nur noch,
das es
endet,
endlich.

26.04.2008
© Sean Dimitjana Barleben

Weites Sehnen

Hast Du je
darüber nachgedacht,
was geschieht,
wenn es Dich fort,
weit in die Ferne zieht?

Hast Du Dich je gefragt,
ob ich mitkommen werde,
oder ob ich bleibe,
wo ich bin,
auf meinem Stück Erde?

Kennst Du noch den alten Baum,
in dem wir wohnten,
entsinnst Du Dich
an unsere Träume,
die sich lohnten?

Mich treibt die Sehnsucht
und ich bin versucht.
Aber mein Herz und Verstand
sind zerstritten,
voneinander gebannt.

Mein Herz würde gehen,
auch mit dem Risiko
Dich nicht wiederzusehen.

Mein Verstand würde lieber bleiben,
bei Dir sein, auch mit dem Risiko
sich selbst untreu zu sein.

Doch wie soll ich mich entscheiden,
wo ich Dich doch liebe?

26.04.2008
© Sean Dimitjana Barleben

Freitag, Dezember 07, 2007

Gedanken des Waldes

Unsicher blickst du mich an, du zögerst, weißt nicht, ob du mir, ob du dir vertrauen darfst.
Langsam ergreifst du die dargebotene Hand und umschließt sie. Trotz dem du soviel größer bist als ich, scheinst du mehr Angst zu haben als ich in diesem Moment nervös bin.

Vorsichtig hebe ich meine andere Hand und lege sie auf deine.
"Freunde?", wispere ich leise. Du legst den Kopf schief, siehst mich fragend an.
"Freunde.", wispere ich nochmals und du nickst als ob du verstanden hättest, doch ich glaube es ist eher der Klang in meiner Stimme.

Schon seltsam wie wir uns gefunden habe. Du hast mein Leben gerettet als der Boden einfach unter mir nachgab. Noch während ich erschreckt aufschrie und um Hilfe rief, warst du da, kamst angeschwungen und hast mich mitgenommen in die Wipfel der Bäume.

Du scheinst einzig aus eleganter Kraft und Anmut zu bestehen. Auf meine Fragen antwortest du nicht, aber ich bin sicher, dass ich deine Stimme irgendwann hören werde.

07.12.2007
© Sean Dimitjana Barleben

Sonntag, November 11, 2007

Suche

Ich ertrinke in einem Meer aus Tränen,
fühle den Schmerz in meinem Kopf pochen
und kann doch nicht weinen.

Mir ist schlecht,
alles staut sich und doch,
ich kann es nicht loslassen.

Meine Kraft verschwindet,
weil ich selbst mir nicht glaube,
mir nicht vertraue und Angst habe.

Diese Unsicherheit,
diese innere Unruhe,
wer bin ich?

Es ist so schwer zu glauben,
das Wissen ist da,
aber auch die Erfahrung.

Ich will doch nur Leben,
nicht ständig um alles kämpfen müssen
und auf Hilfe angewiesen sein.

Ob ich finde was ich suche,
ich weiß es nicht,
ich wünsche mir nur noch Stille.

Keine Stimmen mehr,
kein "du musst durchhalten",
kein "du schaffst das schon."

11.11.2007
© Sean Dimitjana Barleben

Donnerstag, August 30, 2007

Malina

Sommer, Sonne, Strand und ich liege hier am Meer und genieße das Rauschen der Wellen.

Okay, ich gebe zu, so ganz hat das nicht geklappt. Hier weht keine kühle Meeresbrise, die den Sonnenschein, der vom Himmel knallt, erträglich macht und von Meer geschweige denn Strand kann schon mal gar nicht die Rede sein. Um es kurz zu machen, ich habe meinen Balkon diesen Sommer in einen kleinen Urwald verwandelt und suche Schutz hinter meinen Pflanzen sowie unter einer dicken Schicht Sonnencreme - schließlich will ich braun werden und nicht rot.

Patrick ist seit einer Woche nicht mehr da gewesen und mir ist langweilig. Also stelle ich mir vor, dass Patricks Eltern, die ihm unerklärlicherweise immer noch den Urlaub bezahlen, mich gefragt hätten, ob ich Malina, als ihre zukünftige Schwiegertochter, nicht mit in den Urlaub möchte.

Es tut mir leid, ich muss schon wieder korrigieren, Patrick, bzw. Pat wie ich ihn nenne, und meine Wenigkeit sind seit Kindesbeinen an durch dick und dünn und wieder zurück gegangen. Zusammen sind wir nicht, wir hängen da irgendwo zwischen dem Status Geschwister, beste Freunde und mögliche große Liebe fest. Keiner von uns beiden traut sich, da was dran zu ändern. Also träume ich derzeit nur davon Patrick vielleicht zu fragen oder zu hoffen, dass er bald mal den Anfang macht.
Eventuell sind wir auch zusammen und wissen es nur schlicht nicht. Wer weiß das schon.

Fest steht, dass mir hoffnungslos langweilig ist, wenn ich nicht mit Pat durch die Stadt ziehen kann, Chaos im Schwimmbad verbreite oder mit ihm durch die Wälder streiche. Von den gemütlichen Abenden an denen wir einfach nur quatschen mal abgesehen. Es hat durchaus etwas eine Art Bruder zu haben, den man Daten kann, ohne Angst, dass sich da etwas anbahnt. Einfach gemeinsam Spaß haben und die Nähe des anderen genießen können. Toll so was.

Und da es noch eine ganze elendig lange Woche dauert bis meine andere Hälfte wieder kommt, habe ich mir etwas ausgedacht. Pat erzählt mir nach den Urlauben stundenlang was er gemacht hat, wo er überall gewesen ist und wieso denn nun gerade diese eine Muschel am Strand ihn so fasziniert hat, dass er sich beinahe von der Flut hätte ins Meer ziehen lassen.

Tja und heute ist also mein Tag am Meer, ich hab mich ganz früh hinaus geschlichen auf den Balkon als es noch so ziemlich kalt und vom Sommer hier nichts zu merken war. Eingekuschelt in viele Decken, einen warmen Kakao aus der Thermoskanne und ein schönes Buch, habe ich mich dort in meinem kleinen Urwald eingerichtet und bin über der Warterei auf meinen Sonnenaufgang eingeschlafen. Wach geworden bin ich vom Zwitschern der Vögel, die sich in der Dachrinne des Hauses ihr Nest eingerichtet haben. Die Sonne war schon am Himmel damit beschäftigt ihre Wärme zu verteilen. Also habe ich flugs meine Sonnencreme rausgeholt, mich eingecremt und dann mit halbgeschlossenen Augen das Licht beobachtet, wie es von grau in ein feuriges Rot und schließlich in das strahlende Blau des klaren Tages überging.

So gegen elf ist es schon recht kuschelig in meinem kleinen Balkonurwald und mein Magen knurrt lauthals vehement herum, dass ich ihn doch bitte mit irgendwas Essbaren versorgen solle. Also klettere ich aus meinem gemütlichen Sessel in der Oase und schlage mich zur Küche durch. Das Chaos der letzten Tage ist gestern mein Opfer geworden, als ich einfach mal wieder Lust hatte, Abwasch zu machen und aufzuräumen. Somit habe ich jetzt freie Bahn mir einen blonden Engel zu machen, da ich im Sommer über ausreichend Vorräte an Vanilleeis und Orangensaft verfüge. Während ich an meinem Cocktail nippe, schmiere ich mir Brote mit Schokoladenaufstrich und schneide mir Bananen darauf. Das Ganze richte ich auf meinem Schwanentablett an und bugsiere es vorsichtig nach draußen auf den Tisch.

Nach diesem wundervollen Frühstück folge ich meinen Gedanken und Erinnerungen die Pat mir aus seinem Urlaub mitgebracht hat und begleite ihn auf der Dünenwanderung. In der Hand liegt der Engelsflügel den er mir geschenkt hat, eine Hälfte ich, die andere Hälfte der Muschel hat er behalten.

„Schau mal Malina, siehst Du dahinten die Düne? Dahinter liegt das Ferienhaus von mir und meinen Eltern!“ Pat ist schon wieder zehn Schritte vor mir und dreht sich um, sieht mich lachend an. „Na komm schon, meine Eltern warten auf uns…“
Grinsend, den Kopf über ihn schüttelnd, folge ich ihm. Wann gewöhne ich mich endlich daran, dass er mein bester Freund ist und wahrscheinlich auch immer bleiben wird.
Seine Mutter nickt mir zu. „Malina, ich dachte ihr kommt gar nicht mehr…“
„Malina,“ die kräftige Stimme von Pats Vater schallt durch das Haus und einen Moment danach fühle ich mich leicht gequetscht.
„Paps! Das ist meine Freundin.“, protestiert Pat und befreit mich grinsend aus den Armen seines Vaters, nur um mich sanft zu umarmen.

Das Klingeln an der Tür, reißt mich wieder aus meinen Tagträumen, meinem Tag am Meer. Etwas benommen stehe ich auf und gehe zur Tür, an welcher der Postbote ungeduldig wartet.
„Ein Päckchen für Sie, Frau….“
„Ja schon gut,“ Ich lasse den armen Kerl nicht ausreden, warum muss er mich auch gerade jetzt von meinem Tag am Meer ablenken. Genervt unterschreibe ich und knalle hinter mir die Tür zu. Erst als ich fast wieder auf dem Balkon bin, sehe ich mir den Absender genauer an. Mitten im Schritt halte ich an, setze das Paket behutsam auf den Boden, ehe ich es innerhalb von Sekunden auspacke. Pat hat es mir geschickt. Neben einem Sommerlesebuch, hat er wieder Muscheln gesucht, rohe Bernsteine abgewartet, Sand in Flaschen und andere kleine Dinge. Auch eine Karte liegt dabei.


Liebe Mal,

schade dass Du nicht hier bist, meine Eltern sind zwar klasse, aber mit Dir wäre es schöner. Wenn Du magst, dann fahren wir nächstes Jahr im Sommer zusammen weg. Ich hab Dir ein paar kleine Sachen gefunden damit Dir die Zeit nicht so lang wird, auch wenn ich mir das nur schwer vorstellen kann, bei Deinem Einfallsreichtum.
Wir sehen uns in einer Woche, ich freu mich drauf von Dir abgeholt zu werden, Wir kommen Samstag um zwei an. Tu bis dahin nichts, das ich nicht auch tun würde.

Grüße und viel Spaß

Pat



Ich lese die Karte einmal, dann noch mal und noch ein mal. Mein Freudenschrei verscheucht die ganzen Vögel in der Nähe meines Balkons. Mein Tag am Meer ist so gut wie gelaufen, aber das stört mich grade gar nicht. Pat hat mir ein Paket geschickt und hätte mich gern bei sich. Völlig berauscht von dem Gedanken, nehme ich die Box mit den Sachen mit nach draußen in meinen kleinen Urwald und tausche den Tag am Meer gegen einen Tag mit Pat.

Am Abend falle ich müde ins Bett und kann es kaum erwarten Pat am Samstag wieder zu sehen. Der Schlüsselanhänger mit dem kleinen Herz, den er mir zwischen die Kleinigkeiten gepackt hat, sagt mehr als tausend Worte mir erklären könnten.

Mit einem Lächeln und den Gedanken bei Pat schlafe ich ein.

30.08.2007
© Sean Dimitjana Barleben

Samstag, Juli 07, 2007

Endlich am Leben

Du bist der Rausch, der mir den Atem nimmt,
mich ganz und gar in seinen Bann zieht
und mich in eine neue Welt bringt.

Mit Dir fliege ich und falle in einem Moment.
Du bist die Sicherheit und Gefahr,
die mich an der Hand nimmt
und durch die Abgründe führt.

Dein Leben hat sich mit meinem verbunden
und bist dadurch eins mit mir ohne Dich zu verlieren.

Was auch geschieht,
ich fühle Dich
in mir,
bei mir,
an mir.

Deine Gedanken sind in meinem Herzen,
mein Leben gehört Dir und ist doch
ganz mein eigenes geblieben.

Ich bin so sicher geborgen
und frei zu fliegen hoch in die Lüfte,
was wäre nur ohne Dich?

07.07.2007
© Sean Dimitjana Barleben

Donnerstag, Mai 03, 2007

Folge mir

Komm mit mir
und ich zeige Dir
den Himmel.

Folge mir
und ich zeige Dir,
wer ich bin.

Glaube mir
und ich führe Dich
in die Weiten des Universums.

Vertraue mir
und ich führe Dich
in die Tiefen meines Herzens.

Sei bei mir
und ich bleibe Dein
bis in die Ewigkeit.

03.05.2007
© Sean Dimitjana Barleben

Mittwoch, April 11, 2007

Gefallener Engel

Lenya saß nachdenklich auf dem Stuhl und musterte den Sonnenuntergang, nicht mehr lange und Maricus würde wieder zu ihr kommen, sie freute sich darauf. Der Tag war anstrengend gewesen und sie konnte fühlen, wie verspannt sie war. Zuviel bedrückte sie, zuviel beschäftigte ihren Geist und verhinderte, dass sie einfach abschalten und sich entspannen konnte. Die Probleme ihrer Kollegin mit deren Ehemann, die Verletzung von Ischnia, der Hündin ihrer Freundin und noch tausend andere Gedanken brandeten in ihrem müden Gemüt umher und raubten ihr jegliche Kraft. Sie hatte noch nicht einmal die Motivation aufzustehen, sich an den Schreibtisch zu setzen um sich all dies von der Seele zu schreiben, es danach zu sortieren und anschließend zu verbrennen, wenn sie ihre Gedanken geordnet hatte.

Die letzten Strahlen der Sonne waren kaum verblasst, als sie einen kühlen Hauch wahrnahm. Maricus war gekommen, wie jeden Abend, seit sie sich kannten. Er tauchte einfach auf und war da. Manchmal war Lenya sich nicht sicher, dass er real war. Doch zählte das nicht für sie, zumindest versuchte sie recht erfolgreich sich eben dieses einzureden. Viel mehr interessierte sie seine Fähigkeit ihre kreisenden Gedanken zur Ruhe zu bringen, das unerträgliche Chaos in ihrem Innern zu besänftigen und die lästigen Fragen des Lebens zumindest für eine gewisse Zeit beiseite zu schieben. Und nicht zu vergessen, sein unerhört begnadetes Talent für Massagen. Selbst, wenn er sie manchmal nur zehn Minuten massiert hatte, ging es ihr danach besser, als nach jeder Entspannungsübung.

So schloss sie nur die Augen und überließ sich den sanften und sehr fähigen Händen von Maricus. Den lästigen Gedanken, was Maricus ihr eigentlich bedeutete, wieder einmal beiseite schiebend. Es dauerte eine Weile, dann trieb Lenya in einem Meer aus Entspanntheit.
Dies wurde durch einen jähen Schmerz beendet, der durch ihren Körper tobte. Lenya fühlte Übelkeit aufsteigen, wollte noch etwas sagen, doch da wurde es schon schwarz um sie.

Entgegen aller Aussagen über Ohnmacht die sie kannte, fühlte sich alles sehr real an. Sie stürzte durch nicht enden wollende Schwärze ohne jegliches Körpergefühl. Nach Ewigkeiten veränderte sich etwas in der Dunkelheit, ihr Sturz endete und sie hörte das Tropfen von Wasser. Sie spürte ihren Körper, auch wenn es anders als sonst war. Sie schwebte über dem Wasser, als sie die Augen öffnete und hinuntersah. Langsam glitt ihr Blick an sich selbst hinab. Auch ihr Aussehen war verändert, sie wirkte zerbrechlich wie eine Elfe und nun da ihre Aufmerksamkeit darauf gelenkt worden war, spürte sie die zarten Flügel, welche sie mit unablässigen Bewegungen in der Luft hielten, an ihrem Rücken. Behutsam konzentrierte sie sich darauf tiefer zu sinken, so dass sie das Wasser genau berührte ohne darin einzutauchen. Sie atmete tief aus und ein.


Dann fühlte sie den Wassertropfen fallen, glitt mit ihm in das Wasser und begann das Leben darin zu erkunden. Sie fühlte eine neue und doch sehr vertraute Kraft durch sich strömen, die sich stetig mit ihrem Puls vereinigte und sie mit etwas anderem konfrontierte.

Schmerz.

Schmerz in unerträglichem Maß hatte sie hierher gebracht und ihr eine völlig fremde Welt eröffnet, in der sie zerbrechlich und ungeschützt war. Und nun nahm dieser Schmerz sie wieder fort von jenem Ort, der so viele Lockungen und Reize nach ihr auswarf, dass sie sich leer und nackt fühlte, als sie jäh in ihre eigene Welt zurückgeworfen wurde.

"Shht.", ruhige Wärme umstreichelte ihren schmerzenden Körper. Sie wusste, dass es Maricus war, der an ihrer Seite über sie wachte und sie zurückgeholt hatte.
"Ganz ruhig, du musst schon weiteratmen Lenya.", meinte er leise. Sie fühlte seine Worte, mehr als sie diese hörte. Es wurde ihr zum ersten Mal bewusst, dass es die ganze Zeit so gewesen war. Maricus gluckste leise, als hätte er ihren Gedanken gehört. Wahrscheinlich hatte er das auch. Sofort setzte das Gedankenkarussell aus hätte, wenn, vielleicht, eventuell und möglicherweise wieder ein.
"Du denkst schon wieder zuviel nach.", neckte er sie und einen Moment danach kehrte wieder Ruhe in Lenyas Gedanken ein. Maricus beobachtete lächelnd wie sich das Gesicht der Frau entspannte und ihre Atemzüge regelmäßiger wurden, bis sie schließlich eingeschlafen war. Es würde eine lange Nacht, mit unglaublich vielen Fragen werden, sobald sie wieder erwachte. Er lachte leise. Oh ja, Lenya würde ihm ganze Enzyklopädien in den Bauch fragen, keine einzelnen Löcher, wie bei seinen bisherigen Besuchen. Und, wenn er ehrlich war, dann wusste er noch nicht, wie er ihr all diese Fragen beantworten sollte. Schließlich war auch er nicht allwissend. Selbst mit seinen nun annähernd fünfhundert Jahren. Die Welt war auch für ihn noch ein Mysterium. Selbst wenn er verhältnismäßig mehr davon verstand als die Menschen, welche nur so kurz unter den Untoten weilten, von Ausnahmen abgesehen.

~*~

Kopfschmerzen waren das erste, das ihr erwachtes Bewusstsein erreichte. Mühsam blinzelnd schlug sie die Augen auf. Statt ekeliger Helligkeit, wurde sie von mildem Dämmerlicht begrüßt. Und nur einen Moment danach fühlte sie Maricus Präsenz, welcher sie sanft anlächelte.
"Du lernst wirklich schnell.", seine Stimme klang amüsiert und erfreut.
Lenya wollte etwas sagen, doch Maricus schnitt ihr mit einer Handbewegung das Wort ab. Sie spürte, dass sie sprach, konnte aber ihre eigene Stimme nicht hören. Was sollte das?!? Verärgert setzte sie sich auf und nur einen Augenblick danach stand sie neben Maricus, welcher sich im dunklen Flur aufhielt.
"SOLL DAS?", ihre Stimme kehrte so jäh zurück, dass Lenya erschrocken zusammenzuckte und sich an die Wand lehnte, während ihr Herzschlag sich beruhigte.
"Ich sagte doch, Du lernst schnell.", dieses Mal schwang leichter Tadel in seiner Stimme mit. Wieder unterbrach er ihre Gedanken und antwortete ihr laut. "Ich habe Dir einen Gefallen getan und dafür schuldest Du mir etwas, nicht jetzt. Irgendwann, sofern Du Dich entschließt mich zu begleiten. Aber Du wolltest Deine Existenz nicht aufgeben. Zwar kannst Du nicht weitermachen wie bisher, aber Du wirst sehen, auch mein Weg bietet vieles von dem bisher Gewohnten, vielleicht etwas anders... Aber sieh es Dir doch erstmal an."

Lenya hatte keine Zeit sich Gedanken zu machen, was Maricus meinte, denn er zog sie einfach mit sich aus der Wohnung. Diese verschwamm und um die beiden materialisierte sich etwas Neues, Fremdes. Erstaunt blickte sie sich um und ließ sich dann einfach durch die Straßen der dunklen Stadt treiben. Obschon es keinerlei Licht zu geben schien, nahm Lenya doch alles wahr und konnte jedes Detail erfassen. Die Überflutung durch ihre verschärften Sinne, bescherte ihr eine Welle aus Übelkeit und sie hörte Maricus, der ihr spöttisch riet, es langsam angehen zu lassen. Sie beherzigte seinen Rat nachdem sie ihren Mageninhalt auf seine Schuhe ergossen hatte. Es war wirklich besser, wenn sie die Sinne Stück für Stück hochfuhr.

Maricus beobachtete seine Schülerin und... Partnerin. Vorausgesetzt, Lenya akzeptierte seine Wahl. Er lächelte, soviel das sie noch lernen musste. Soviel, das sich für ihn ändern würde, wenn sie blieb. Und...
Er stockte, irgendetwas stimmte nicht. Er fühlte Lenyas Präsenz nicht mehr. Lediglich das Gefühl eines ihrer Lächeln hing noch in der Luft, beinahe wehmütig, wie bei einem Abschied.

"Lenya?!?", rief er laut. Sämtliche Wesen erstarrten und wagten sich nicht zu rühren.
"LENYA?!?", noch mal hallte sein Ruf durch die lichte Nacht seiner Welt. Aber sie war und blieb verschwunden. "LENYA!!!!!"

Maricus stand ungläubig an der Stelle, an welcher er mit ihr seine Welt betreten hatte. Sie war fort und sie war für immer gegangen. Aber wie konnte das sein? Ihr Lebenswille war so unbändig gewesen, dass er ihr dieses Geschenk nicht hatte verwehren können und nun? Hätte er noch Tränen gehabt, dann wäre sein Gesicht feucht von ihnen gewesen. So starrte er nur ungläubig an die Stelle, an der sie zuletzt gewesen sein musste, während er langsam zu Boden sank. Das konnte nicht sein, er konnte sich nicht so getäuscht haben. Das war unmöglich. Absolut unmöglich.

~*~

Benommen kehrte er in ihre Wohnung zurück. Und sah sich dort um, alles roch noch nach ihr und selbst ihr Wesen war noch zu spüren. Ein wehmütiger, sehnsüchtiger Ausdruck legte sich auf sein Gesicht. Das war nicht fair. Wieso?
In all der Zeit hatte er nie etwas gefordert und nun das. Maricus wollte nicht verstehen, wollte nichts mehr wahrnehmen. Er vergrub sich in seinen Erinnerungen.

~*~

"Maricus.", eine sanfte weibliche Stimme, neckend, ein wenig zu frech und selbstsicher, riss ihn aus seinen Gedanken. Aber sie war nur eine Erinnerung. Eben jene Erinnerung zog ihn an sich und zwang sein Gesicht auf Augenhöhe mit ihrem eigenen.
"Maricus.", sanft und streng, unnachgiebig und doch voller Trost. Nur langsam begriff er, dass sie wirklich vor ihm stand.
"Aber...", setzte er an.
"Hör auf zu denken, du grübelst viel zu viel...", ihr Spott war nicht zu überhören, aber es lag keinerlei Häme darin und es rang ihm ein mildes Lächeln ab. Sie lachte leise und schloss ihn in eine innige Umarmung, welche er erwiderte.

"Die Zukunft kann kommen, nicht wahr?"
"Ja, das kann sie."


11.04.2007
© Sean Dimitjana

Freitag, Januar 19, 2007

Wohin

Wohin wird mich der Weg führen,
dem du so unbeirrbar folgst
und nie in Frage stellst
warum du es tust

Wohin wird es mich bringen
wenn ich dir folge
deinen Glauben habe ich nicht
und auch nicht dein Vertrauen

Wohin will ich mit diesem Leben
will ich wirklich den Pfaden folgen
oder kehre ich in die Stille,
in die tiefe Dunkelheit zurück

Wohin will ich meine Schritte wenden
es gibt so vieles das ich tun könnte
eben so gut wie es einfach zu beenden
aber ist es wirklich so leicht

w ege
o hne
h ilfe
i ns
n ichts

19.01.2007
© Sean Dimitjana

Mittwoch, Januar 10, 2007

Letzte Bitte

Die Tage sind trist und grau geworden,
meine Kraft ist zur Neige gegangen.
Kein Hoffen mehr
und auch kein Bangen.

Ich bin dem Weg gefolgt
und habe stets daran geglaubt
doch was nutzte es,
dass ich mich hielt an das was erlaubt?

Es gibt keine Zukunft
nicht mehr,
trotz all der Vernunft
ist es nun zu Ende.

Lass mich gehen
weit fort von hier
mit dem Winde wehen
in das ewige Vergessen.

10.01.2007
© Sean Dimitjana

Samstag, Januar 06, 2007

Abschied

Abschied

Mein Herz zerspringt, es schnürt mir die Luft zum Atmen ab. Das Gefühl von Verlust durchdringt meine Seele, ruft mir eine Warnung zu, fleht mich an umzukehren.
Ich habe das Gefühl, dass ich sie für lange, lange Zeit zum letzten Mal so gesehen habe. Wenn wir uns wieder sehen wird sie dann noch so lebendig sein? Oder ist sie dann endgültig tot, begraben in ihrem Körper, der nur noch ein leeres Gefäß einer Seele ist, die nicht für diese Realität bestimmt war und daran zerbrach.
Was wird von ihr bleiben, schafft sie es diesen Weg weiterzugehen? Ich hoffe es so sehr, wünsche es mir und hoffe und bete, dass sie sich endlich findet. Endlich Mut entdeckt und ihren Willen zurückerlangt.
Es schmerzt sie derart zu sehen. So hilflos zusehen zu müssen wie sie stürzt und noch tiefer fällt. Wann ist es genug für sie? Wann steht sie auf oder wird sie es nie?
Mein Herz schmerzt, ich kann kaum Atmen, der Körper verkrampft und auch meine Seele bricht langsam unter den Anstrengungen zusammen. Ich habe mein Leben, kann nicht an ihrer Seite sein und habe doch ein schlechtes Gewissen, weil ich glaube und weiß, dass ich ihr helfen könnte auf dem Weg zu bleiben.
Ich fühle mich als Verräterin, obwohl ich doch nur mein eigenes Leben leben möchte ohne Einschränkungen. Ich hänge an ihr wie an einer Droge. Sie berauscht mich, erhebt mich und lässt mich bisweilen tief stürzen. Trotz der Schäden, die sie anrichtet, die mich nach und nach kaputt machen, komme ich nicht los.
Ich bin süchtig nach dem Rausch, süchtig nach ihrem Gift, das mich umbringt und meinen Geist erhebt.
Es ist nicht recht und auch nicht fair. Aber das Leben hat nie behauptet, dies zu sein. Und ich habe aufgehört daran zu glauben. Meine Werte haben sich verändert, meine Einstellungen haben sich geändert. Was ich möchte, das nehme ich mir, solange ich weiß, dass ich mir danach im Spiegel noch ins Gesicht sehen kann ohne davor zurückzuweichen.
Mein Leben kennt nur Einschränkungen – und sie ist eine davon, so sehr es schmerzt, es hilft nichts. Sie ist Tod und Leben zugleich. Ich kann nicht mit ihr leben, aber auch nicht ohne sie.
Wo soll das nur hinführen, wenn sie nicht endlich auf die Füße kommt und ich es nicht endlich hinbekomme meinen Weg zu gehen?
Ich schwimme im Meer und lebe, während sie am Strand liegt und ausdörrt. Vielleicht ist es ein Abschied in die Ewigkeit.
Wer weiß das schon?

06.01.2007
© Sean Dimitjana